German Press extract:
NOrmal LIFE / HEART / DER HIMMEL ÜBER BERLIN / LITTLE BIG WORLD / TIGER LILLIES FREAKSHOW / THE TIME BETWEEN /BALAGAN / TIGER LILLIES CIRCUS/
NOrmal LIFE
JUNGE WELT 03.03.2018 - ERSCHÜTTERND KLAR
von Su Tiqqun
Sebastiano Toma, der universalste Regiepoet verdichtete einst makabre Sensationen nach Art der Tiger Lillies, entwarf schaurig schöne Bühnenräume, zeigte Artistik von erlesener Vollkommenheit, ging mit dem Orchester eines Mark Chaet und den Besten der postsowjetischen Artistenschulen auf Tournee. Seine Stücke beschämten den Verlust der Sinnlichkeit in der stetig erkaltenden, sterilen Kunstwelt, er gab dem Publikum die Erinnerung an das ästhetisch Emphatische zurück und manchmal zerriß es einem das Herz, weil diese großen Produktionen alles gaben und einen gleichzeitig die unsichtbare Spitze des Möglichen spüren ließen, denn man soll nicht glauben, das habe keinen Preis. Den hat es, einen hohen Preis sogar, enorme Produktionskosten, die wir nicht mitdenken, und die ohne institutionelle Förderung nicht mehr zu stemmen sind. Deshalb haben sich Tomas Stücke in den letzten Jahren und auch im Darstellerischen für das Diminutiv, die Verkleinerung entschieden, was den ästhethischen Genuss keinesfalls schmälert.
Irene und Roland Hofer, die in früheren Produktionen immer nur die Kleinwüchsigen, die Liliputaner hießen, haben nun einen Namen und eine Geschichte. Ihre Körpermaße bringen normal große Menschen in Verlegenheit, denn ihr Kleinsein ist ein offensichtlicher Affront gegen den menschlichen Wachstumsdrang. Im Mittelalter zu physischen Wundern verklärt, galten Kleinwüchsige seit dem 19. Jahrhundert als Mißgeburt, die in Kuriositätenkabinetten oder Sideshows ausgestellt wurden. Man hielt sie für einen Fehler. Bewundert wurde der Erfolg ihrer Aussonderung. Sie waren dem Normalen entfernt und fremd wie die Natur. Tieren im Zirkus erging es kaum anders. Die Grausamkeiten der Schausteller reflektierten den Zustand der Welt. Manége und Jahrmarkt produzierten Wirklichkeit: grauenvolle Späße und gräßliche Parallelen zur Norm der bürgerlichen Gesellschaft.
NOrmal Life, Tomas aktuelle Produktion, widersetzt sich diesem Fatalismus. Er erzählt das Leben zweier Liebenden, von Irene und Roland Hofer, die kein genormtes, sondern ein normales Dasein führen wollen auf mehreren Ebenen: mittels Videoinstallation, Off-Erzählung, Sound aus der Konserve und Bühnenperformance. Daran ist nichts skurril, nichts freakhaft und nichts absonderlich. Sie leben und arbeiten, streiten und tanzen, sie träumen zusammen denselben Traum, stehen zu Beginn ihrer Geschichte vor einer Projektion, einer ins Riesenhafte vergrößerten, amphibischen Frau. Irene sagt: «Jemanden wie sie wolltest Du immer kennenlernen. Groß, schön, mit roten Haaren.» Roland schenkt ihr den Traum zurück: «So wie sie wolltest Du immer sein. Groß, schön, rote Haare … So schön.» Die Amphibienfrau Lea Malenka Prinz wird die Revue der Erinnerungen lenken. Stumm.
Auf der spartanisch ausgestatteten Bühne stehen Hochhäuser, nicht größer als Irene und Roland Hofer aber viel kleiner als die Schutzpatronin Lea. In diesen Häusern wohnen die Leute, von denen das kleine Paar einst in der Liliputstadt begafft wurde. Jahrelang. Im Dreistundentakt. Aus dem Off hört man Irene und Roland frei von Pathos sprechen, während sie auf der Bühne mit der Projektionsfläche Lea korrespondieren: «Vorhänge auf… Gesichter… Eine Mischung aus Entsetzen, Mitleid, Ekel und Verwunderung. Eigentlich gibt es diesen Ausdruck im normalen Leben nicht… Diese plattgedrückten Nasen an unseren Fenstern. Die großen und erschreckten Augen der Kinder. Mit fettigen Zeigefinger auf uns gerichtet. Wir essen, ob wir wollen oder nicht. Es soll nach Alltag aussehen… Manchmal müssen wir erbrechen, aber erst wenn die Vorhänge wieder zu sind. So oft können wir nicht essen… wir sollten uns auch streiten, Zeitung lesen, abspülen, mal ein Schläfchen halten.. Wir haben dort drinnen gewohnt. Die Gardinen immer zugezogen. Nur zu den Besichtigungszeiten durften sie geöffnet werden und nach Geschäftsschluss.»
So lernten sie sich kennen und haben ihre Ehe abgearbeitet. Danach sind sie in die Stadt gezogen, in eins von diesen Hochhäusern, in denen auch ihre Grimassenschneider wohnten. «Wir hatten das Gefühl in einer Halle zu wohnen. Es war so sonderbar, dass auch eine Wohnung sich wie eine zu große Jacke anfühlen kann.»
Die beiden trommeln, schlagen, stechen gegen und in die Hochhausattrappen, sie lassen sich an ihnen aus, puhlen mit den Fingern an den Fensterchen, zerkratzen den gläsernen Blick, der sie einst demütigte. Aber nicht nur der Bürger entblößte seine Gier nach Sensation. Auch die Kollegen Artisten spielten den Kleinen übel mit, als seien sie “Stofftiere, die laufen konnten.” Die Episoden vom Schleuderbrett und der Elefantenkloake machen Schluß mit der Illusion, daß es im Zirkus liebevoller zugegangen wäre als irgendwo sonst auf der Welt.
Das NOrmal life von Irene und Roland Hofer als Theaterperformance - denn gespielt wird hier nichts, die Performance spricht die Wahrheit aus - idealisiert nicht das Leben im grünen Wagen, an dessen Täfelung noch immer die Romantik klebt. Die Protagonisten emanzipieren sich im Verlauf der Erzählung von der morbiden Wahrnehmung, mit der sie in ihren Käfigen angestarrt wurden. Am Schluß sind sie nackt, auch die Riesin schält sich aus ihrer Fabelwesenhaut, sie verschwinden alle drei demaskiert und vom Klischee befreit in der Tiefe einer lichterlosen, bebenden Hochhausallee.
Berlin, 03.03.2018
HEART mit Lise Pauton
Getanzte Einblicke in das Herz einer Frau
Braunschweiger Zeitung-03.02.2017 - Wolfenbüttel
Das Tanzprojekt „Heart“ ist im Lessingtheater zu sehen.
Für einen besonderen Abend gibt es viel Beifall in Wolfenbüttel.
Tänzerin Lise Pauton schuf in der Tanzperformance „Heart“ faszinierende Bilder.
Wer sich dem Tanzprojekt „Heart“ von Lise Pauton und Sebastiano Toma in Schubladen nähert, geht fehl. Zu sehen war Donnerstagabend auf der Studiobühne des Lessingtheaters eine expressionistische Performance, eine getanzte Allegorie, die Einblicke in das Herz einer Frau gibt.
Die Kulisse ist sparsam. Zwei helle Vorhänge auf der Bühne, ein Rollwagen, ein Sessel, ein paar Blumen, mehr nicht. Der Rest ist Lise Pautons starke Präsenz, die in ihrem Ausdruck an ein Produkt der Stummfilm-Ära erinnert, in dem Emotionen und Tageszeiten durch unterschiedliche Lichtfarben gekennzeichnet sind und den Mimen auf der Leinwand eine akzentuiertes mimisches und gestisches Spiel abverlangen.
Das Herz einer Frau nun, das Toma und Pauton in Szene setzen, lässt viel Raum für Interpretation: Tanz, Kontorsion und Ausdruck verschmelzen zu einer Reise durch das Herz einer Frau. Angst, Liebe, Freude, Trauer liegen eng beieinander. In einem expressionistischen Parcours gibt sie das befreite, das leidende, das jubilierende ebenso wie das trauernde Herz. Animalisch, bedacht, unruhig, schleichend, sich selbst zerfressend, am Ende entblößt und schließlich im gepanzerten Federkleid gen Himmel jubilierend.
Pauton bewegt sich bei alldem in beeindruckender Körperlichkeit und schafft eine in ihrer Gesamtheit überzeugende Choreographie mit faszinierenden Bildern. Die passt gottlob in keine Schublade, dauert dafür aber gut 70 kurzweilige Theaterminuten. Dank Pautons tänzerischer Vielseitigkeit und der wunderbaren Licht- und Klangbegleitung hallen sie noch lange nach.
Regisseur Toma war bereits mit „Little big World“ im Lessingtheater zu Gast und setzte andernorts die wunderbar abseitige „Tiger Lillies Freakshow“ in Szene. Die Freunde bibliophiler Kunst werden an der düsteren Graphic Novell „Himmel über Berlin“ nach dem gleichnamigen Wim-Wenders-Film, ihre Freude haben. Mit „Heart“ ist ihm erneut eine berührende Theaterarbeit gelungen, für die es Donnerstagabend großen Beifall gibt.
DER HIMMEL ÜBER BERLIN
Die Graphic Novel-
»Auch ohne den genauen Vergleich mit dem Film ist diese Graphic Novel eine Freude, denn das wirklich Besondere ist, dass die Engel im Berlin von heute umherstreifen. Sebastiano und Lorenzo Toma haben mit ihrer Version von "Der Himmel über Berlin" eine doppelte Hommage geschaffen: auf die große Stadt und auf den großen Regisseur. So ist diese Graphic Novel sowohl ein Muss für Hauptstadt-Liebhaber, als auch für Verehrer von Wim Wenders. Zudem beweisen sie nonchalant, wie zeitlos und allgemeingültig Wenders Geschichte weiterhin ist.«
Letteraturen , von Ulrike Schimming
»Eine ungewöhnliche Neuinterpretation mit einer klaren, souverän komponierten Bildsprache. Diese kunstvolle Comic-Adaption ist eine bis ins Detail liebevolle Hommage an Berlin und den vor fast 30 Jahren uraufgeführten Film. Eine ungewöhnliche Neuinterpretation eines bekannten Stoffes, der in jeden ausgebauten Graphic-Novel-Bestand für Erwachsene passt.
EKZ, David Cappel
Das vielleicht schönste Geschenk, das Wim Wenders zu seinem 70. Geburtstag am kommenden Freitag bekommt, stammt von zwei Männern, die den Filmemacher gar nicht kennen. 28 Jahre nach dem Kinostart seines Meisterwerks "Der Himmel über Berlin" haben Sebastiano und Lorenzo Toma eine gleichnamige Graphic Novel herausgegeben: ein Comic, das die Geschichte der Engel, die über die Berliner wachen, noch einmal erzählt. Nun aber verortet in der heutigen Hauptstadt, mit dem Sony-Center, dem Holocaust-Mahnmal und dem Molecule Man in der Spree, die es damals beim Dreh des Films noch gar nicht gab. Die neuen Kulissen passen ganz gut zu der altbekannten Geschichte, die dabei aber gar nichts von ihrer Poesie, ihrer Kraft verloren hat.......
Morgenpost - Berlin , von Peter Zander
.....Der Himmel über Berlin ist eine Ode an das Leben, ein filmisches Gedicht, das perfekt die von Peter Handke, Richard Reitinger und Wenders verfassten philosophischen Texte und die Bilder des Meisters des Lichts, des französischen Kameramanns Henri Alekan verbindet. Die Graphic Novel findet die Poesie im raum-und zeitlosen Bild. Den Stimmen und Gedanken, die sich im Film zu einem vielschichtigen Klangteppich knüpfen, muss man beim Lesen selbst die rhythmische Lebendigkeit einhauchen. Es könnte helfen, zur absolut lohnenden Lektüre Nick Cave and the Bad Seeds aufzulegen und so ein Stück weit den Rhythmus des Films wiederzufinden.....
filmbulletin, von Tereza Fischer
...... Die beiden Künstler sind keine klassischen Comiczeichner, sie arbeiten multimedial zwischen Film, Tanz, Theater und Musik. Gerne-Übergänge gewohnt, folgen sie in ihrer Adaption dem Drehbuch, den Protagonisten und Dialogen mit Respekt, aber nie sklavisch. Sie inszenieren aus harten Kontrasten und feinen Schattierungen eine Bilderwelt in Schwarz und Weiß, ergänzt nur von goldenen Einsprengseln.
Mehr Illustration als Graphic Novel, erschließen die Tomas Atmosphäre und Ästhetik und werden der Vorlage durchaus gerecht, auch weil sie sich statt einen schnöden Eins-zu-eins-Umsetzung Frei - und Spielräume erlauben. So habe sie die Handlung aus den 80ern in die Gegenwart verlegt, Ein radikaler Entschluß, der in diesem Fall funktioniert......
TIP Berlin, von Jacek Slaski
»Das poetische Meisterwerk "Der Himmel über Berlin" als modern interpretierte Graphic Novel. Die Bilder stellen die Filmaufnahmen von damals in eine kluge Beziehung zur Gegenwart.«
ZITTY
»Sebastiano Toma ist es gelungen, dem "Himmel über Berlin" neues Leben einzuhauchen. Die Graphic Novel besticht durch die Nähe zum Drehbuch, bietet aber auch eine ganz eigene Sicht.«
Stefan Voit, Oberpfälzischer Kurier
LITTLE BIG WORLD
„Little Big World“, ein grandioser Gegenentwurf zu allen gängigen Sensationierungs-Shows, ist eine faszinierende Miniatur-Illusionsfabrik, in der Haifische am Himmel tanzen und Handys zum Fenster ins Leben werden. Worte braucht es da wirklich nicht mehr. Was diese artistischen Höchstleistungen so beeindruckend macht, ist die vermeintliche Leichtigkeit und Entschleunigung, mit der sie als Teil des poetischen Ganzen verschmelzen. „Little Big World“ gerinnt nie zur sterilen Nummern-Revue – es präsentiert die Menschen hinter der Kunst und erzählt ganz nebenbei märchenhafte Geschichten ..............
Wiesbadener Kurier - von Peter Müller
-Atemberaubende Tanz-Artistik-
Mit lang anhaltendem Applaus im Stehen feierte das Parktheater-Publikum am Sonntag die atemberaubende und höchst sinnliche Show „Little Big World“
Iserlohner Kreiszeitung
-Die Weltpremiere von „Little Big World“ begeisterte das Publikum im Kulturhaus-
.......Minutenlanger Applaus zeigte, dass die Erwartungen des Publikums mehr als erfüllt wurden..
Schwäbische Zeitung-Laupheim
„Little Big World“ eine Streicheleinheit für Augen und Ohr.
Schwäbische Zeitung-Friedrichshafen
-Bilder aus der Traumfabrik-
Bereits kurz nach Beginn der Vorstellung hat man alles um sich herum vergessen, weil einen die zauberhafte, poetische und fantastische Show in ihren Bann gezogen hat. Denn hier scheint alles möglich, hier werden Träume wahr....alles in allem eine überwältigende Show, von der man noch Tage danach schwärmen kann
Südkurier – Friedrichshafen
-Magische Poesie-
Die Besucher erlebten eine Poetische Reise zwischen Traum und Wirklichkeit, magisch und betörend schön.
Die Reinpfalz- Landau
-Das wichtige Nichtige-
„Little Big World“ reißt Publikum mit / Fantastische Bühnenshow.
.....Das Spiel von Licht und Schatten, von leidenschaftlich vorgetragener Musik wie durch den Geigenspieler Mark Chaet – all das lässt den Abend unvergesslich werden.
Schwarzwälder Bote –Villingen
-Atemberaubende Show - Mehr als nur Varieté-
Sechs erstklassige Musiker an Klavier, Klarinette, Geige, Cello, Kontrabass und Schlagzeug, die sämtliche Darbietungen begleiteten und fast pausenlos im Einsatz waren, brachten eine aufregende, farbige, moderne Musik zu gehör, die sich meist vorwärts strebend und dramatisch zeigte.......
....Ergänzt wurde das Sextett durch eine hervorragende Sängerin, die im Stile der Zwanzigerjahre auftrat. Die brillante Spielweise und Virtuosität der Ausführung, die ganz besonders in einzelnen Solos hervortrat, machte den musikalischen Teil der Vorstellung allein zu einem vollgültigen Konzert.
Pirmasenser Zeitung
-Musikalisch-artistisches Gesamtkunstwerk-
...Kongenial die Musik die Mark Chaet für die ganze Produktion komponiert hat.
.....Eine solche Verknüpfung verschiedener Genres, gepaart mit verblüffenden visuellen Tricks, erlebt man selten. Die Show – das Wort dient eigentlich eher als unzureichende Krücke – zwischen der realen (Bühnen-) Welt und er visuelle erzeugten erwies sich als spannend und was die perfekte Artistik betrifft hochklassig.
Die Reinpfalz - Pirmasens
-In wundersame Phantasiewelten entführt-
Donnernder Applaus für einen ganzen Abend, der für zwei Stunden in wundersame Phantasiewelten entführte.
Recklinghauser Zeitung
-Eine Faszinierende Welt Traum und Tag erlebt-
Das war wunderbar! Man rieb sich, als Zuschauer, vor Verwunderung und Staunen die Augen. Angesicht visueller und künstlerischer Impressionen, die Gigantisch und grandios waren, die eine faszinierende Welt (wie) zwischen Traum und Tag widerspiegelten. Eindrücke aus der Realität, und deren technische-optischen Umsetzung zu einem anderen Format, schufen einen neuen, reizvollen, künstlichen Kosmos.
....Einfach irre (gut), dieses Konzept und diese Artisten......
Wolfsburger Nachrichten
-Little Big World als magische Wundertüte-
Musik und Gesang, Tanz und Jonglage, nie zuvor gesehene Akrobatik.....
....Nicht enden wollender Beifall und Standing Ovations.
WAZ-Wolfsburg
-Wenn Worte wahrlich Überflüssig sind-
Das war große Oper am Dienstagabend im Stadttheater. Dabei kam die poetische Reise in die „Little Big World“
(Kleine große Welt), zu der Regisseur und Ideengeber Sebastiano Toma einlud, fast ohne Worte aus. Dafür verwöhnte Musik und Bilder mit ästhetischer, verschwenderischer Opulenz.
Amberger Zeitung
„Little Big World“ im Schlosstheater FULDA :_ Show der Superlative
13 ist eine Glückszahl: 13 Personen bieten mit „Little Big World“ eine Show der Superlative. 13 Palm-Äste und eine Frau sorgen für den Höhepunkt des Abends, dessen Faszination noch lange nachwirken wird.
Das Gesamtkunstwerk, an dem sich am Dienstagabend im Fuldaer Schlosstheater ein hingerissenes Publikum ergötzt, ist eine neue Produktion des fantasiebegnadeten Sebatiano Toma. Seine Kombination aus vollendeter Körperkunst, aus geheimnisvollen Videoinstallationen, aus schier unglaublichen Bühneneffekten und eigens komponierter, mitunter virtuoser Livemusik zieht jeden Zuschauer vom ersten Augenblick an in einen wundersamen Bann. Egal welchen Alters: Diese Zauberwelten gehören Erwachsenen und Kindern gleichermaßen.
Toma hat sich vom italienischen Dichter Giacomo Leopardi inspirieren lassen, der erkannte: „Die Kinder finden im Nichts das Gesamte, die Erwachsene im Gesamten das Nichts.“ Aus wenig erschafft der Ausnahmekünstler viel. Seine „Little Big World“ nimmt mit auf eine Reise in eine Welt voller großer und kleiner Wunder. Das Entstehen seines Universums beschreibt er so: „Ich schaue in mein kleines Aquarium und sehe, wie ein Haifisch mit einer Frau tanzt, ich öffne eine Schublade und die Scheren fangen an zu marschieren. Die Bücher auf dem Regal werden zu Hochhäusern und mein Mobiltelefon ist eines der Fenster ...“
All das erlebt das Publikum und noch mehr: Dabei braucht Toma nur wenig für seinen Mikrokosmos: Modelllandschaften, einen Globus, Kunstschnee, einen Tischventilator. Auf der Bühne steht eine winzige Bühne: etwa 120 mal 80 Zentimeter. Ein Papiertheater, dessen Welt mit ihren Alltagsgegenständen zum Leben erweckt wird und per Videoprojektion zum großen Bühnenbild gedeiht. Voll von visuell ungewöhnlichen und immer wieder verblüffenden Ideen stecken Tomas bezaubernde und verzaubernde Geschichte. Sie wird von einem 13-köpfigen hochprofessionellen Ensemble gesungen, getanzt und mit den Körpern erzählt.
Was die Show bietet, das gereichte auch dem Circus Roncalli oder dem Cirque du Soleil zur Ehre. Deshalb müssen genannt werden: Cristana Casadio, eine Top-Tänzerin; Stefan Sing, ein Jongleur der Spitzenklasse, der mit Bällen zaubert; die Kontorsionsmeisterin Leilani Franco, die sich in unglaubliche Positionen verbiegen und verdrehen kann sowie die perfekten Hand-auf-Hand-Akrobaten Philipp Thimm und Katrin Hauf.
Für das wahrlich atemberaubende Glanzlicht des Programms sorgt aber die charismatische Japanerin Miyoko Shida mit ihrer Sanddornbalance: 13 Palm-Äste vereint sie zu einer schwebend leichten Skulptur, von einer Vogelfeder im Gleichgewicht gehalten. Ein phänomenales Kunststück.
Lob gebührt auch den sieben Musikern unter Leitung von Mark Chaet, der die südamerikanisch orientierte Begleitung komponiert hat. Vokale Extraklasse vertritt Sängerin Momo Kahlschmidt mit ihrer ausdrucksstarken, erotischen Stimme.
Das Publikum spendiert immer wieder Szenenapplaus, den stärksten für Miyoko Shida, und feiert das Ensemble mit nahezu frenetischem Schlussbeifall. Wofür sich die Truppe mit einer originellen Zugabe revanchiert: Zum Abschied marschieren alle 13 mit Koffern auf, deren Rückseiten – kleine Häuserfronten – zurück in den einzigartigen Kosmos des Bühnenpoeten Toma führen.
Fuldaer Zeitung - Von Christoph A. Brandner
Kleine Welt ganz großartig
"Little Big World" kommt auch beim jungen Publikum im Amberger Stadttheater gut an.
Von Johann Frischholz
Mit "Little Big World" gastierte ein außergewöhnliches Tanztheater in Amberg. Die Mischung aus cineastischer Musik- und Akrobatik begeisterte das Publikum. Es gibt sie also doch, die Theateraufführungen, für die selbst Jugendliche mal den Fernsehsessel verlassen und dem heimischen Computer eine Atempause gönnen. Ein deutlich verjüngtes Publikum füllte Samstagabend die Sitzreihen im Amberger Stadttheater, um sich auf "eine poetische Reise voller Artistik zwischen Traum und Wirklichkeit" - wie das Programmheft versprach - entführen zu lassen. Die jungen Leute - und nicht nur sie - wurden nicht enttäuscht! Bei Sebastiano Tomas Produktion "Little Big World" fiel es schwer, sich zu entscheiden, was bewundernswerter ist, die raffinierten Choreographien, die akrobatischen Elemente, die Musik oder ganz einfach die perfekte Verbindung all dieser Bestandteile.
- Richtige Spannung
Der Musik, die beim Tanztheater ja meist nur aus der Konserve kommt und aus bunt zusammengewürfelten Einzelstücken besteht, hat bei "Little Big World" einen entscheidenden Anteil am Gesamtkonzept. Das Instrumental-Quintett auf der Bühne, bestehend aus dem Klarinettisten Pawel Kuterbach, Giorgio Radoja am Klavier und den Streichern Igor Spallati, Dalai Theophilopoulou und Mark Chaet, der die Stücke auch komponiert hat, bildete die Klammer, die das Ganze umspannte und zusammen hielt. Die stark an der Minimal Music orientierten Klänge sorgten für die richtige Spannung, die sich dann mit den jeweiligen tänzerischen und akrobatischen Höhepunkten entlud. Dafür gebührt den Musikern höchste Anerkennung.
Und Höhepunkte gab es einige zu sehen. Ob Erika Nguyen am Luftring oder Rosa Tyyskä mit dem Cyr-Rad, der Jongleur Jimmy Gonzalez oder Leilani Franco, die ihrem Körper scheinbar völlig unmögliche Verrenkungen zumutete oder Dinh & Anh mit ihrer Hand-auf-Hand-Nummer, die, das sei hier bemerkt, von den Akteuren enorme Präzision und auch ein gewaltiges Vertrauen in die Kraft und das Können des Partners verlangt.
- Stürmischer Beifall
Aber dies waren eigentlich nur einzelne, wenn auch ziemlich sensationelle Nummern, wie man sie auch im Zirkus zu sehen bekommt. Sie erhielten zwar berechtigten Zwischenapplaus, jedoch honorierte das Publikum erst zum Schluss das Gesamtkunstwerk "Little Big World" mit dem höchst verdienten stürmischen Beifall für das ganze Ensemble. Denn neben den einzelnen Meisterleistungen waren es die poetischen Choreographien von Sofie Spyratou, die das Besondere dieses Gastspiels ausmachten. Bei aller Schönheit und Eleganz gab es dabei auch einige kritische Untertöne, die auf die übertriebene Hektik der urbanen Gesellschaft und ihren Zwang zur steten Kommunikation per Mobil-Telefon abzielten.
Verstärkt wurde der Eindruck der einzelnen Szenen auch durch den Bühnenprospekt. Hier hat sich die Truppe etwas höchst charmantes ausgedacht. Der Hintergrund wurde nicht wie so oft per Dia- oder Powerpoint-Präsentation auf die Leinwand projiziert, sondern entstand zeitgleich mit den Vorführungen. Zu diesem Zweck war auf der Bühne ein Tischchen aufgebaut, auf das die Live-Kamera gerichtet war. Darauf wurden die kleinen Welten aufgebaut, die dank der Technik dann für den Zuschauer ganz groß und detailreich zu sehen war. So entstand ein Gesamtbild aus Bühnenrealität und Projektion - sogar einmal mit einer Projektion in der Projektion. - Zusätzlich Dramatik
Bei "Little Big World" stimmte einfach Alles: einfallsreiche Choreographien, zirkusreife Akrobatiknummern, zauberhafte Bühnenbild-Projektionen und eine Musik, die das Geschehen kongenial kommentierte und ihm zusätzliche Dramatik verlieh. Bleibt zu hoffen, dass sich einige der jungen Theater-Neulinge auch so dafür begeistert haben, dass sie einen positiven Eindruck mit nach Hause nahmen, der sie künftig öfter mal in den Musentempel zieht.
Amberger Zeitung - Von Johann Frischholz
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Reise in die Welt der Fantasie
Die faszinierende kleine, große Welt des Theaters
Hier ist jedes Wort überflüssig. Tanz, Akrobatik, Körperkunst und Musik verschmelzen zu einem Gesamtkunstwerk, das der Schöpfer Sebastiano Toma „Little Big World“ nennt und mit dem die Theatersaison im Wolfgang-Eychmüller-Haus eröffnet wird.
Sebastiano Toma gilt als kreativer Kopf dieser ungewöhnlichen Produktion. Toma vermischt Artistik, Pantomime, ungewöhnliche Choreografien und einen Hauch Humor zu einem Abend, der die Sinne anspricht. Behutsam, leise, mit wirkungsvollen Videoeffekten und mit kreativer Musik von Mark Chaet wächst ein Zauber, der sich behutsam wie ein Schleier im Saal ausbreitet. Es entsteht eine Atmosphäre der Ruhe, gelegentlich unterbrochen vom spontanen Beifall der Besucher nach fulminanten akrobatischen Darbietungen.
Gesprochen wird nichts. Zu hören sind nur die Instrumentalisten. Eine Handlung gibt es nicht und braucht es auch nicht. Die Bilder, die auf eine Großleinwand projiziert werden, sprechen für sich. Sie strahlen eine zauberhafte Magie aus, der sich die Zuschauer nicht entziehen können. Toma arbeitet mit Protagonisten auf der Bühne und einer raffinierten Technik, die man von höherer Warte aus im Visier hat und entdeckt, dass manches so einfach ist, aber große Wirkung erzeugt.
Es ist eine uralte Tradition, die Toma wieder entdeckt - das Papiertheater. Das gab es schon Anfang des 19. Jahrhunderts. Ein Segelschiff dümpelt langsam durch die Wellen, vorbei an den Häusern einer Stadt. Durch raffinierte Lichttechnik wird daraus ein imposanter Segler auf schaukelnden Wellen. Durch ein Mini-Aquarium werden von Hand kleine Quasten gezogen und auf der Leinwand entsteht eine mystisch anmutende Welt unter Wasser.
Die Figuren auf der Bühne bewegen sich anmutig, sie schweben geradezu in diesem einmaligen Szenario. Die Besucher erleben eine Art Leichtigkeit des Seins, an dem sich die Zuschauer zwei Stunden lang erfreuen können. Es ist Entspannung pur. Zum Schluss gibt es begeisterten Applaus. Es war ein wirklich ungewöhnlicher Start in die neue Abo-Saison.
Augsburger Allgemeine - Von Ursula Katharina Balken
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Little Big World im Burghof/Lörrach.
Little Big World heißt die neueste Produktion von Sebastiano Toma, die im Burghof für Furore sorgte. Von den Zuschauern erntete dieses hochdramatische Spektakel aus Tanz, Akrobatik und Videoinstallationen stehenden Applaus.
Schon der Beginn ist außergewöhnlich für ein Showprogramm, denn wie beim Zirkus in anderen Zeiten eröffnet ein leibhaftiges Orchester den Abend mit einer satten experimentierfreudigen Ouvertüre, in der opernhaft alle Themen des Abends angelegt sind. Noch drückt sich Hochspannung, Lebensfreude und Melancholie in der Musik aus. Das Großartige, die Musik, bleibt bis zum Ende den Akteuren gleichwertig. Obwohl in Anbetracht von atemberaubender Akrobatik das Zuhören zwar zur Nebensache, aber zur wesentlichen verkommt.
Wie die Musik ist auch das Bühnenbild ein essentieller Bestandteil des Programms. Hier drückt sich der Titel der Produktion am deutlichsten aus. Was auf der großen Leinwand zu sehen sein wird, wird im kleinen Guckkasten am linken Bühnenrand produziert, gefilmt und an die Rückwand projiziert. Und was im Puppenhausformat pittoresk wirkt, erhält in der leinwandgroßen Projektion einen poetische zweite Bedeutung. Groß mag die Welt gewaltig sein, sie ist es aber auch schon im Kleinen, im abgeschlossenen Kosmos der Puppenhausbühne.
So spielt die neueste Produktion des Hamburger Theatermannes Sebastiano Toma mit unterschiedlichsten Wahrnehmungen gleichzeitig. Er fordert ein Multitasking an Rezeption ein, was aber nicht schwerfällt, denn die vielen unterschiedlichen kleinen Geschichten, aus denen sich die "kleine große Welt" zusammensetzt, verbindet die Leichtigkeit, mit der sie erzählt werden.
Eine scheinbare Gummipuppe
Gummimenschen, oder besser Kontorsionisten, verblüffen durch ihre unglaublichen Körperdrehungen. All das wird Leilani Franco auch noch tun, doch zu allererst verblüfft sie, weil ihr scheinbar alle Knochen fehlen. Sie ist eine Gummipuppe, alles ist weich, fließt, nichts scheint fest zu sein bei ihr. Immer mehr Leben erhält sie, um schließlich später die Grenzen des Gewöhnlichen zu überschreiten. Stefan Sings Jonglage ist am Anfang ein kontrolliertes Spiel mit einem Ball, hochpräzise, doch den Atem stocken lässt das Feuerwerk mit den sechs Bällen.
Sebastiano Toma arbeitet mit den Mitteln des Nouvelle Cirque, Circensisches wird mit Theatermitteln verbunden, um so eine neue Wahrnehmung zu bekommen. Die gezeigte Höchstleistung des Körpers geht mit Poesie einher, was die Wahrnehmung sinnlicher werden lässt. Die große Welt hinten auf der Leinwand ist doch nur Abbild der Einfälle aus dem Guckkasten. Zwar schwimmen auch Schiffe über die Leinwand, oder Haifische durch den Himmel. Doch Sebastiano zieht neben diesen fast archaischen Motiven, die Attribute der Moderne in seine Produktion mit ein: Handys und Koffer. Ganz zum Schluss werden die Koffer zur Skyline einer modernen Stadt. Toma setzt sein wunderbares Zirkusmärchen im hier und bald an und nicht im "es war einmal".
Ein zauberhafter Abend !!
BADISCHE ZEITUNG
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Sebastiano Tomas „Little Big Wolrd“ begeistert bei den Maifestspielen.
WIESBADEN - Eine prall gefüllte Wunderkiste voller magischer kleiner Dinge und begnadeter Körperkunst. Regie-Phantast Sebastiano Toma, schon 2011 mit seiner kultigen „The Tiger Lillies Freakshow“ bei den Maifestspielen stürmisch gefeiert, entführt im Großen Haus für zwei viel zu kurze Stunden in ein Traumtheater der poetischen Art. „Little Big World“, ein grandioser Gegenentwurf zu allen gängigen Sensationierungs-Shows, ist eine faszinierende Miniatur-Illusionsfabrik, in der Haifische am Himmel tanzen und Handys zum Fenster ins Leben werden. Worte braucht es da wirklich nicht mehr.
- Bonsai-Bühne
„Das Kind findet im Nichts das Alles – der Erwachsene im Alles das Nichts.“ Vielleicht kommt der Satz des italienischen Dichters Giacomo Leopardi – für Regisseur Toma so etwas wie die Inspiration zu diesem Bühnenwunderwerk – dem Zauber seiner „kleinen großen (Phantasie-)Welt“ noch am nächsten. Zu beschreiben ist das fantastische Ganze, das sich da abspielt, schwer. Wie soll man es auch nennen: Theatralisches Varieté? Circensisches Bildertheater? Kopfkino für Fortgeschrittene? Es ist von allem etwas, und mehr.
Die Zutaten: Da wäre zunächst ein fünfköpfiges Orchester um Violinist Mark Chaet, der auch die Musik für „Little Big World“ komponiert hat. Dann, am Bühnenrand und in der Werkstatt-Atmosphäre sinnigerweise fast zu übersehen, eine Bonsai-Bühne, die einem Puppenstudio entliehen sein könnte.
Davor: eine Videokamera, die zuweilen auf den Kopf gedreht jene surrealen Episoden, die das Ensemble dort mit Packpapier, Scheren oder Alltagsgegenständen zaubert, auf die 32 Quadratmeter mächtige Leinwand im Hintergrund projiziert. Diese zuweilen geheimnisvollen, weil eben wie
unterm Mikroskop betrachteten Tableaus aus Pappmaché-Hochhäusern, Modell-Landschaften oder einem Aquarium, in dem Chiffon-Schals in Zeitlupe tanzen, geben mit der Livemusik und dem in jeder Sekunde sinnlichen Gesang von Momo Kohlschmidt den Rahmen für ganz unterschiedliche Künstler: Cristana Casadio etwa, die gleich zu Anfang von Partner/„Puppenspieler“ Stefan Sing als „leblose“ Marionette durch den Bühnenraum geschraubt wird – ohne Schnüre, versteht sich. Um gleich darauf, wie von Geisterhand belebt, ein Pas de deux mit drei Jonglage-Bällen zu zelebrieren.
Dann Schlangenfrau Leilana Franco, die mit ihrem Körper unfassbare Dinge anstellt und mal eben auf dem Bauch liegend hinterrücks ihre Zigarette, mit dem Fuß zwischen die Lippen schiebt. Schließlich Philipp Timm und Katrin Hauf, die am pupurfarbenen Band atemberaubende Paarakrobatik unterm Theaterdach vollführen.
- Artistische Höchstleistungen
Was diese artistischen Höchstleistungen so beeindruckend macht, ist die vermeintliche Leichtigkeit und Entschleunigung, mit der sie als Teil des poetischen Ganzen verschmelzen. „Little Big World“ gerinnt nie zur sterilen Nummern-Revue – es präsentiert die Menschen hinter der Kunst und erzählt ganz nebenbei märchenhafte Geschichten von Luftballon-Haien, Spielzeug-Pferden oder ganz realen Getriebenen, die gesenkten Kopfes, mit dem Handy am Ohr, aneinander vorbeihasten. In „Little Big World“ scheint alles möglich, selbst dass der Rotwein in Richtung Theaterhimmel ins Glas fließt. Großer Applaus.
Wiesbadener Kurier
Von Peter Müller
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Amy Winehouse gespiegelt in der Kontorsionistin
Little Big World in Offenburg.
OFFENBURG. Artistik, Musik, Film, Tanz, Materialtheater – zu viel für eine Show? Auf jeden Fall viel Gutes. "Little Big World" in der Oberrheinhalle in Offenburg war ein Erlebnis. Die Show von Sebastiano Toma (ehemals verantwortlich für die Fliegenden Bauten in Hamburg, das Meerkabarett auf Sylt und zwei Shows der Tiger Lillies) wirbt mit dem abgedroschenen Slogan "zwischen Traum und Wirklichkeit". Das sagt nun leider gar nichts über dieses Gesamtkunstwerk, das sich aus Stummfilmästhetik und osteuropäischer Zirkuskultur, Laterna Magica-Tradition und Musik der Moderne, Freakshow und Videokunst speist.
Natürlich muss man einen solchen Overkill an Kultur-Zitaten mögen, um das knapp zweistündige Event genießen zu können. Dem Publikum in Offenburg – in ungewöhnlicher Altersmischung von acht bis achtzig – gefiel es offensichtlich. Die Band um den aus der Ukraine stammenden Komponisten und Geiger Mark Chaet ist eine Wucht. Druckvoll und emotional, immer ein wenig am Abgrund entlang, spielen die fünf Musiker ihre expressionistische Klangcollage, die unzeitgemäß klassisch daherkommt. Minimalistische Ansätze, Weltmusik, Jazz, Folk, russische Musik des 20. Jahrhunderts – überall bedient sich Chaet, doch nichts bleibt Zitat, alles fügt sich ein in ein großes Ganzes, das ohne weiteres einen spannenden Konzertabend tragen könnte.
Zweites Element sind die fünf Artisten und Tänzer, die dank der klugen Inszenierung von Sebastiano Toma und der Choreographie von Sofia Spyratou keine Nummernrevue abliefern, sondern in bewegten Bildern eine assoziative Geschichte erzählen. Eine sehr kreative Jonglagenummer von Jimmy Gonzalez ist zugleich ein Pas de deux, die Kontorsionistin Leilani Franco stellt ihre Beweglichkeit nicht einfach aus, sondern verkörpert eine schlingernde Persönlichkeit ohne Halt im Leben, eine pantomimische Wiedergängerin von Amy Winehouse. Dazu kommt eine Luftring-Performance (Erika Nguyen), Hand auf Hand-Artistik (Dinh & Anh) und eine spektakuläre Roue Cyr-Darbietung von Rosa Tyyskä, bei der dem Publikum der Atem stockte.
Warum das Ganze dann so anders wirkte als ein Varieté? Weil rechts auf der Bühne eine kleine Puppenbühne bespielt wurde. Das Geschehen dort wurde per Kamera live auf den Bühnenhintergrund übertragen. Übergroße Scheren bedrängen eine einsame Tänzerin, surrealistische Stadtlandschaften bieten die Kulisse für die Artistik. Das alles vertieft die Dimension von Show und Musik. Und wenn der Kopf und die Hände einer Schauspielerin übergroß zwischen den Häuserfassaden auftauchen, ist das mehr als nur ein Godzilla-Filmzitat. Sehr verdient großer Applaus und Bravos.
von: Juliana Eiland-Jung
Badische Zeitung
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Abendveranstaltung im Mühlacker Mühlehof begeistert 300 Zuschauer-
Varieté, Konzertabend, Videokunst oder Akrobatik? Keinem dieser Genres ließ sich das, was Regisseur Sebastiano Toma am Samstagabend unter dem Titel „Little Big World“ im Senderstädter Mühlehof auf die Bühne brachte, wirklich zuordnen. Fakt ist:
Die Veranstaltung war nicht nur für die rund 300 Besucher, sondern auch für die Verantwortlichen der örtlichen Volkshochschule Neuland. Deren Leiterin Katja Rohloff brachte es im Vorfeld der Veranstaltung auf den Punkt: „Dieser Abend fällt etwas aus dem Rahmen. Es war vorab schwer in Worte zu fassen, was bei „Little Big World“ überhaupt passiert“, meinte sie. Eines war nach diesem Kulturereignis jedoch sicher: Das, was sich da auf der Bühne des Gottlob-Frick-Saales abspielte, war herausragend.
Von Beginn an wurden die Besucher mittels Musik, Videoprojektionen, Tanz und Akrobatik in eine psychedelisch anmutende, farbenfrohe Traumwelt entführt. Die künstlerischen Elemente, derer sich das Ensemble bediente, waren vielfältig: Ein Aquarium, in dem zwei Vorhangquasten bewegt wurden, entwickelte sich auf der Leinwand plötzlich zu einer fluoreszierenden Unterwasserwelt, in der die Quasten sich als zarte Seeanemonen im Wasser wiegten. Kleine Papierhäuser und Pappautos wurden mittels Projektion zu einer Großstadt mit Verkehr und damit zum lebendigen Bühnenbild.
Die Darsteller boten Akrobatik auf höchstem Niveau: Das vietnamesische Artistenduo Dinh & Anh ließ das Publikum mit seinen waghalsigen Kunststücken den Atem anhalten. Rosa Tyyskä faszinierte im Roue Cyr, einem großen Stahlreifen, der an ein Rhönrad erinnerte. Leilani Franco demonstrierte als Schlangenfrau, dass man auf dem Kopf stehend rauchen und trinken kann.
Ergänzt wurde das Ensemble durch die Sängerin Momo Kohlschmidt und Instrumentalsolisten. Die Begeisterungsstürme der Zuschauer zum Ende der Veranstaltung machten Mut, in Mühlacker auch zukünftig wieder kulturelles Neuland zu betreten.
Pforzheimer Zeitung -
bbk